Es war wieder einer von unzähligen Stunden welche ich einfach mit beobachten verbrachte, immer den Blick auf ein Gewässer gerichtet. Es ist eine innere Kraft, welche mich immer Richtung Wasser zieht, sei es im Urlaub, beim Spazieren und natürlich beim Angeln. Es sind auch diese Beobachtungen, welche mich antreiben, neues zu probieren, zu verstehen. Daraus ziehe ich dann meine Schlüsse und stelle mich optimal darauf ein.
Leider sehe ich viel zu oft, wie sich das moderne Karpfenangeln auf reines auslegen von Fallen beschränkt, in der Hoffnung, mit dem perfekten Rig den Traumfisch zu fangen. Und wenn dann nach unzähligen Stunden endlich der Bissanzeiger erleuchtet und der Vollrun uns das Adrenalin durch den Körper treibt, sind wir davon überzeugt, alles richtig gemacht zu haben. Doch woher wollen wir wissen, das nicht noch mehr zu holen wäre, wir vielleicht einfach nicht die nötige Aufmerksamkeit auf unseren Hakenköder lenken konnten und wir nur einen von vielen Fischen gehakt haben? Aber was tut sich eigentlich genau unter Wasser, wann habe ich die Zielfische am Spot, sind die Fische überhaupt am Fressen..
Ich konnte immer wieder beobachten, das die Fische am Spot waren, sogar direkt über den Futterplatz ihre Kreise zogen, aber kein Interesse hatten zu fressen. OK, wenn man bedenkt das der Fisch im wesentlichen drei Instinkten folgt, kann es schon sein das es gerade die Ruhefase ist, in der er sich befindet. „Vermehren“ können wir die meiste Zeit des Jahres auch ausschließen, aber das erkennen wir, wenn die Fische mit sich selbst beschäftigt sind.
Bleibt dann nur noch der Instinkt des „Fressens“, der kann je nach gegebenen Umweltbedingungen stark oder schwach ausgeprägt sein. Wenn die Fische in Fresslaune sind, kann auch kaum etwas falsch gemacht werden, aktiv auf der Suche nach Futter ist es wieder eine Zeitfrage, bis wir einen Karpfen an den Haken bekommen. Und liegen wir mit unseren Montagen an bekannten Futterplätzen, läßt meist der Erfolg auch nicht lange auf sich warten.
Aber was tun, wenn die Lage anders aussieht. Wir auf einem Futterplatz liegen, welcher weniger frequentiert wird, die Fische nicht so richtig fressen wollen. Dann stellen sind andere Herausforderungen. Am wichtigsten ist es hierbei, die Situation zu erkennen und richtig zu handeln! Oder wir sitzen es einfach aus und warten auf bessere Zeiten…
An Gewässern, welche wir regelmäßig benageln, finden wir das schnell heraus. An neuen, eher unbekannten Gewässern hilft es andere Angler zu beobachten, nachzufragen wie es läuft, wie viele Fische gefangen wurden usw. Dann können wir ebenfalls ein Bild von der Gesamtsituation erhalten.
Ich vergleiche das gerne mit uns selbst, auch wenn wir nicht hungrig sind, aber plötzlich den herrlichen Geruch von Speisen in der Nase haben, welche wir gerne essen, bekommen wir plötzlich Appetit. Ist der Geruch intensiv genug, können wir es förmlich schmecken..
Bei uns ist die Nase mit der Mundhöle verbunden, also die aufgenommenen Gerüche in Form von Gas strömen zeitgleich in den Rachen.
Beim Fisch ist es anders, die Richhöhlen des Karpfens enden blind und sind nicht mit der Maulhöhle verbunden. Wozu auch, Gase gibt es keine unter Wasser und der Karpfen bewegt sich im Wasser und hat diese Geschmacksrezeptoren nicht nur im Maul sondern auch außerhalb, wie auf der Unterseite am Bauch – dies erklärt das Verhalten, wenn die Karpfen mit dem Bauch auf dem Futterplatz aufsetzen und anfangen nach fressbaren zu suchen. Aber auch auf den Kiemendeckeln befinden sich derartige Rezeptoren.
Also ist es bei unserem Futter das wichtigste, das sich dieses mit dem Wasser verbindet und zeitgleich einen Fressreiz beim Karpfen auslöst. Wir machen dem Fisch also Appetit.
Ein einzelnen Hakenköder alleine wir nicht ausreichen um genügend Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, also sind wir gut daran, auch um den Hakenköder herum unser Futter zu plazieren.
Hier gilt die Devise – weniger ist mehr! Zuviel Futter und freilegende Boilies verringern in diesem Fall die Chance, doch noch einen der trägen Fische an den Haken zu bekommen.
In der Regel füttere ich zwei handvoll Boilies dazu, keine Partikel. Jedoch um einen höhere Reizwirkung in kurzer Zeit zu erreichen, also eine „Reizwolke“ unter Wasser, verwende ich Pellets, diese bereits eingelassen mit Liquids wie Aminol, Salminol oder Derivate aus Wasserinsekten wie Blutwürmern oder Wasserflöhen.
Bevorzugt trockene Karpfenpellets, welche im Wasser schnell aufgehen und das Liquid optimal aufnehmen aber auch abgeben können. Wenn es die Wassertemperaturen zulassen mische ich auch gerne ölhaltige Halibut Pellets in 8mm dazu. Die sich lösenden Ölpartikel transportieren dann auf ihren Weg zur Wasseroberfläche kleinste Futterpartikel und wir erhalten eine vertikale Lockwirkung – somit erreichen wir auch Fische, welche unseren Futterplatz überschwimmen.
Nun werden viele denken, das Weißfische diese natürlich sofort finden und fressen werden. Das stimmt schon, aber auch die Kleinfische bringen durch ihre Bewegung im Wasser die Futterpartikel schneller um den Futterplatz, was natürlich kein Nachteil sondern unser Ziel ist, wir wollen ja soviel Reizstoffe wie möglich freisetzen. Selektiv sind unsere Boilies.
Wenn dann vorbeiziehende Karpfen das geschehen beobachten, weckt auch das deren Neugier. Wenn dann noch der Geschmack von fressbaren dazukommt, steigen unsere Chancen einen Fisch an den Haken zu bekommen um ein vielfaches.
Wenn sich der Karpfen nun doch entscheidet, zu fressen, dann wollen wir die Aufmerksamkeit natürlich auch auf unseren Hakenköder richten. Absolut falsch ist der Gedankengang, mit billigen „Futterboilies“ zu füttern, dafür mit teuren Boilies am Haken zu angeln. Wir dürfen nicht vergessen, das der Karpfen sehr empfindlich ist und bereits Wasserflöhe und Blutwürmer im Schlamm wittern kann, so sind unser Boilies für den Fisch eine regelrechte Reizflut, vorausgesetzt unsere Boilies senden das richtige „Fressignal“. Da der Wahrnehmungsradius sehr klein ist, wollen wir natürlich ein Maximum an Attraktivität. Das wird uns mit „Futterboilies“ nicht gelingen. Hier entscheidet die Qualität – nicht die Futtermenge!
Karpfen verweilen meistens kurz am Futterplatz, das bedeutet Futter wird aufgenommen und dann der Platz verlassen, ich konnte dann aber beobachten, das die Fische zurückkamen um weiter zu fressen. Interessant war, oftmals sogar in Begleitung eines Artgenossen. Und wenn das Futter anspricht, kommen die Fische gerne wieder. Dieses verhalten kann lange andauern, doch sobald der Fisch merkt, das es sich um Futter minderer Qualität handelt, wird er es meiden. Eine hohe Futterqualität macht sich immer bezahlt, hinterfragt diese Punkte bei eurem Fachhändler oder Hersteller, der Preis alleine macht kein gutes Produkt. Und bei Boilies um 3-4 € kann ich mir keine Reizstoffbomben erwarten, im Gegenteil. Wenn diese dazu noch zu stark konserviert wurden, bekommen diese einen bitteren Nachgeschmack und der Futterplatz wird sehr schnell von den Karpfen gemieden…
Jetzt wollen wir noch zusätzlich die Aufmerksamkeit gezielter auf unseren Hakenköder lenken, damit wir die Bereitschaft, einen unserer Köder aufzunehmen, erhöht wird.
Dazu verwende ich gerne Pasten, Dips flüßig und in Pulverform. Bei den flüßigen Dips sollten wir sehr genau hinsehen. Es gibt Produkte welche nur aus Zucker, Flavour und Farbe bestehen, der Reiz ist gering und lockt eher den Angler. Hier gilt es wieder, Qaulität vor Quantität. Aber viele Hersteller machen bereits Angaben über deren Inhaltsstoffe und so können wir bereits selbst entscheiden, was zum gewünschten Erfolg führen wird.
Die Handhabung ist einfach, einfach ein paar Hookbaits darin einlegen, bis die Flüssigkeit in den Mantel einzieht. Dies dauert nur wenige Stunden und reicht wenn wir das spätestens am Tag vor unserer geplanten Session machen. Wichtig ist noch zu erwähnen, das sich Dips auf Ölbasis gar nicht bis kaum mit dem Wasser verbinden, das betrifft in erster Linie die darin gelösten Flavour auf Ölbasis. Einfach zu testen indem wir eine kleine Menge des Dips in ein Wasserglas leeren und auf die gleichmäßige Verteilung achten.
Dips in Pulverform haben den Vorteil, das diese unmittelbar angewendet werden können. Dazu reicht es volkommen aus, den Hakenköder anzufeuchten und im Dip zu wälzen. Diesen Vorgang können wir mehrmals wiederholen und wir haben dann eine dicke Reizstoffschicht. Hier bevorzuge ich Wasserinsekten wie Blütwurmer, Daphnien oder Gammarus. Diese Tiere entsprechen der natürlichen Nahrung der Fische und üben auch einen starken Reiz aus. Oft sind zusätzliche Fressreizverstärker beigemengt wie Betain oder fermentierte Fischmehle sowie Hefeextrakte.
Stark im kommen und immer beliebter sind Pasten welche um den Hakenköder geknetet werden. Auch hier ist die Handhabung sehr einfach und kann unmittelbar vor Ort an den Hakenköder angebracht werden. Vereinfacht kann gesagt werden, es handelt sich hier um die gleiche Teigmasse wie der Boilie selbst, eben ohne die nötigen Bindemittel um den Köder auszuhärten.
Ein großer Vorteil besteht auch darin, das diese Teigpasten nicht erhitzt werden und somit alle beigemengten Reizstoffe zu 100% erhalten bleiben. Fermentierte Produkte können somit ihren vollen Trumpf ausspielen. Auch wenn sich diese Pasten leicht im Wasser lösen, so liegen doch alle Teile um unseren Hakenköder und senden ein Fresssignal.
Ich bin der Meinung, ob jetzt die Paste zum eingesetzten Hakenköder passt oder nicht ist zweitrangig. Hauptsache diese werden wahrgenommen! Es gibt auch hier sehr viele gute Produkte am Markt, ein Blick auf das Etikett gibt Aufschlüsse. Und Pasten sowie Pulverdips funktionieren auch bestens mit Partikel als Hakenköder – schon probiert ?
Und wollen wir unseren Hakenköder regelrecht in Pellets oder Partikeln vergraben, bleibt noch die Option von PVA Beuteln und Netzen, welche am Vorfach aufgefädelt direkt bei unserem Hakenköder im Wasser plaziert werden. Oder einfach Kombinationen aus den oben erwähnten Möglichkeiten…es ist bestimmt kein Nachteil, das Futter muss zuerst gefunden werden, damit es gefressen werden kann.
Die Zeit ist zu Schade, um es einfach auszusitzen. Und wir wollen Fische fangen, nicht nur füttern …
Andreas Matzel