Eine Runde Sache…

Kein anderer Köder hat das moderne Karpfenangeln mehr revolutioniert und somit für eine breite Masse das gezielte Karpfenangeln erst ermöglicht, als das Boilie. Unzählige Hersteller bieten ein breites Spektrum an Boilies und allen erdenklichen Kombination was Farbe, Geruch und Größe anbelangt. Doch wie kam es dazu und was steckt dahinter?

Eigentlich sind es drei wichtige Faktoren, welches erst ermöglichten, mit harten Teigkugeln zu angeln. Am Anfang waren die harten Teigkugeln, die Haarmontage und die Nährwerttheorie von Fred Whilton.

Harte Köder fangen selektiv

Wir schreiben das Jahr 1975, es war Sommer, als der junge Angler Lenny Middleton sich gerade wieder mit Brachsen und Schleien herumärgern musste, da er es doch auf Karpfen abgesehen hatte.  Immerwieder schafften es die Fische, den Köder vom Haken zu lösen, dies war besonders in der Nacht ärgerlich. Sobald der Köder gewechselt wurde, stürzten sich erneut Brachsen und Schleien darauf und das Spiel begann von vorne.



Wenn nun endlich ein Karpfen vorbeikam, fand er meistens einen leeren Haken vor. Lenny versuchte nun das Problem so zu umgehen, indem er daheim große Teigköder mit einem hohen Eiweißgehalt für eine Minute in kochendes Wasser legte. Dadurch entstand bei den gekochten Teigkugeln eine gummiartige Außenschicht. Aber auch diese Köder konnten die Weißfische ohne Probleme von Haken lösen.  Der Köder war noch immer zu weich.

Nachdem er mit verschiedenen Zutaten herumexpermientierte , Milchpulver und Weizenkleie durch Grießmehl ersetzte, daraus kleine Kugeln rollte und diese dann für fünf Minuten kochte, wurden diese nun richtig hart. Lenny war voller zuversicht, das weißfischproblem gelöst zu haben. Er zerbach sich aber auch über die härte der Kugeln den Kopf, ob nun auch die Karpfen den Köder akzeptieren würden.
Erneut am Gewässer seines Vertrauens angelangt, bemerkte er nun, das die Kugeln während des abkühlens noch härter wurden. So hart, das er daran zweifelte. Und wie sollte er nun diese harten Kugeln am Haken befestigen! Den Haken im Köder verstecken funktionierte nun nicht mehr, doch wenn er schon am Wasser war und keine anderen Köder dabei hatte, blieb ihm nichts anderes übrig als mit den steinharten Murmeln zu angeln.

Er verwendetet einen Haken Gr2, schob den Köder über die Hakenspitze bis an den Hakenschenkel hinauf, wobei die Spitze frei blieb.Er warf den Köder einer Stelle, wo er wusste, das dort regelmäßig Karpfen vorbeischwammen. Doch die Zweifel quälten ihn, in allen Fachbüchern wurde geschrieben, das der Haken nicht sichtbar sein durfte, weil es den vorsichtigen Karpfen abschrecken würde. Er wollte sich gerade ein paar Stunden hinlegen, als die Schnur mit hoher Geschwindigkeit von der Spule gezogen wurde.

Schon bald wusste er, das es sich um einen gewaltigen Karpfen handeln musste. Nach dem Landen des Fisches prüfte Lenny, ob dieser nicht blind war, doch es stellte sich heraus, das er es nicht war. Vielleicht war es nur eine Erfindung, das der Haken versteckt sein musste ! Immerhin hat Lenny jetzt die Erfahrung gemacht, das ein riesiger Karpfen einen harten Köder von einem Haken mit freier Spitze genommen hatte!
Er versuchte es nochmals,  innerhalb einer Stunde fing er wieder einen schönen Karpfen. Lenny informierte seinen Angelkollegen Keith Gillings, der am gleichen Wasser fischte. Keith testete nun auch die neuen Köder und hatte ebenfalls Erfolg.
Am Ende kamen beide zu dem Schluß, das sie Weißfische abwehren konnten und dadruch erheblich mehr Karpfen fingen als sonst. Beiden war bewusst, das sie eine bedeutende Entdeckung gemacht haben, konnte aber nicht ahnen, welche Änderung diese Erkenntnis für die Karpfenfischerei bedeuten sollte.

Das Wort Bolie ist vom englischen Verb ‚to-boil‘ hergeleitet und bedeutet ‚kochen‘

 

Die Haarmontage

Vorreiter waren natürlich wieder die Engländer, welche nun versuchten, den Köder unter dem Hakenschenkel anzubinden. Sie erkannten sofort das sich am „Haar“ befestigte Köder viel natürlicher verhielten und auch von den Fischen viel schneller aufgenommen wurden. Die Engländer beobachteten dies in Ihren Aquarien daheim, eine Schlüsselfigur bei diesen Tests war die Legende Kevin Maddocks. Mit dieser neuartigen Köderpräsentation konnten nicht nur Boilies sondern auch Partikel angeboten werden. Hier schrieb die Fachzeitschrift „Blinker“ bereits mitte der achtziger Jahre interessante Artikel.

Fred Wilton Theorie

Eigentlich hat sich der Boilie aus zwei wichtigen Entdeckungen entwickelt. Zuerst die Feststellung, das gekochte, harte Teigkugeln resistent gegen Weißfische sind und somit verwendet werden, um selektiv auf Karpfen zu Angeln, da nur dieser mit seinen Schlundzähnen in der Lage ist, diese auch zu knacken.

Der zweite Punkt ist die Theorie von Fred Wilton. Der Londoner war der Meinung, das Karpfen instinktiv den Nährwert eines Köder „schmecken“ können, Grund dafür war eine Studie über Kaninchen in Australien, diese konnten ebenfalls den Mineralstoffgehalt der Nahrung herausschmecken.

Also der Grundstein für die HNV (High-Nutrivate-Value) Theorie, Wilton wählte auch hochproteinhaltige Zutaten für seine Köder. Niemand kann es beweisen, doch werden bis heute alle Boilies nach dieser Theorie hergestellt, obwohl sich auch hier einiges getan hat bezüglich Zusammensetzung. Damit meine ich weg von den reinen Milchproteinködern hin zu Fischmehl- oder Vogelfuttermischungen. Kaum ein Hersteller setzt noch auf Milchproteine, da diese auch sehr teuer sind.

Auch hat sich herausgestellt, das hochwertige Köder auf Dauer erfolgreicher sind, also der Karpfen diese als natürlich Nahrungsquelle akzeptiert. Man kann oft beoabachten, das viele Fertigboilies zunächst angenommen werden und erfolgreich sind, doch schon nach kurzer Zeit ihre Wirkung verlieren. Viele Angler wechseln den Duftstoff, doch ein hochwertiger Köder wäre die einzige Alternative.

Die Zusammensetzung von Boilies

Woraus bestehen nun diese Wunderkugeln? Alle Karpfenangler kennen Boilies, doch ist deren Zusammensetzung kaum bekannt, das liegt auch daran, dass viele Hersteller keine Angaben zu den Inhaltsstoffen auf den Verpackungen anbringen, dort zählt in erster Linie der ausgefallene Produktname, der Preis und der Geruch.

Zuerst war der Gedanke der, das ein Boilie mehr Nährwert und Nutzen für den Karpfen hat als die natürliche Nahrung im Wasser. Demnach sollten Boilies bevorzugt aufgenommen werden. In der Praxis hat sich diese Theorie immerwieder bestätigt, zumal Boilies minderwertiger Qualität eine schlechte Ausbeute brachten.

Ein guter Boilies sollte folgende Kriterien aufweisen:

im Wasser wahrnembar
guter Geschmack
verdaulich
hoher Nährwert
biologisch abbaubar

Wie erreichen wir nun, das alle diese Kriterien erfüllt werden? Beginnen wir mit der Wahrnehmung. Da der Fisch im Wasser lebt, kann er auch nur Futter wahrnehmen, welches im Wasser löslich ist. Er schmeckt es, doch kann er es fast nicht riechen. Fast alle Zutaten sind löslich, die einen mehr oder weniger, mit einen gewissen Anteil an Fischmehl erreichen wir bereits eine hohe Wahrnehmung durch den Fisch, lösliche Fischproteine und Fischmehle sind der Attraktor schlechthin, auch wird das Futter sofort als fressbar identifiziert.

Nachdem der Karpfen unsere Kugeln gefunden hat, wird er diese aufnehmen, prüfen und fressen. Wir wissen das Karpfen süße oder würzige Zutaten bevorzugen, daher ist ein Gewisser Anteil an Süßstoffen zielführend, ich verwende immer Süßstoff, egal welche Geschmacksrichtung die Kugel durch die einzelnen Zutaten aufweist. Im Frühjar hat sich ein höherer Anteil an Süßstoff im Köder bewährt, im Sommer und Herbst genügt die hälfte der Dosierung.

Weitere gute Zutaten wären zB Chilli, Curry und Robin Red.

Nachdem der Karpfen nun unseren Boilie gefressen hat, muß er natürlich die Ballaststoffe wieder loswerden, auch hier ist es von Vorteil, den Vorgang zu beschleunigen, dies erreichen wir durch die Zugabe von Bierhefe. Wenn der Köder nur schlecht verdaut wird, laufen wir Gefahr, das dieser nicht auf Dauer gefressen wird.

Der Nährwert stellt den Schlüssel auf Langzeiterfolg dar, unser Boilie sollte demnach ein ausgewogenes Verhältnis an Proteinen,Fetten,Kohlenhydraten,Vitaminen und Mineralstoffen aufweisen. Wenn wir von beginn an mit guten Zutaten arbeiten, sollten wir die Anforderungen ohne viel Berechnung erfüllen, der Boilie wird auch dann gerne genommen, wenn unser Mixrechner evtl etwas anderes sagt.

Es ist erwiesen das Fischmehl alle Kriterien am besten erfüllt, daher würde ich nie wieder ein Boilie ohne einen gewissen Anteil an tierischen Mehlen herstellen.

Wir sollten auch bedenken, das unser Boilie evtl nicht gefunden wird und sich im Wasser zu 100% abbauen lässt, mit der Zugabe von Konservierungsmittel wird dies kaum möglich sein. Immerhin will ich die Gewässer nicht noch mehr durch mein zutun belasten.

 

 

Die Praxis

Mit all den Informationen war der Grundstein zum heutigen Siegeszug gelegt – kaum ein moderner Karpfenangler angelt heute ohne Boilies. Dadurch kommen andere Methoden für viele kaum noch in Frage, obwohl diese in der richtigen Situation sicherlich eine bessere Ausbeute bringen würden, denken wir einfach mal an die Wassertemperatur, wo andere Köder bestimmt effektiver funtkionieren….

Nachdem nun bekannt ist, das es Angelköder gibt, welche alle Anglerträume erfüllen, bedeutet das nicht automatisch, das jeder Angler sofort wenn der neue Köder die Wasseroberfläche durchbricht, den Karpfen seinen Lebens fängt.

Es benötigt weiterhin viel Erfahrung über das Fressverhalten der Fische, Lokation, Futtermengen usw. Nicht das neueste Tackle, sondern der attraktivste Köder geballt mit viel Erfahrung führen zum Erfolg.

Eines will ich noch sagen, in Zeiten wo 30mm Boilies immer populärer werden – nicht die Ködergröße, sondern die Köderhärte sind oft entscheidend.

Umso härter der Köder – umso größer der Fisch.