Autor: Thomas Ganselmayer
Es war wieder einer dieser Tage, wo ich verzweifeln konnte. Obwohl ich alles bis ins letzte Detail geplant hatte konnte ich keinen Fisch zum Anbiss verführen. Ich kannte das Gewässer und deren Eigenheiten und war im großen und ganzen in den letzten Monaten doch auch recht erfolgreich, auch in meine Köder habe ich vollstes Vertrauen. Doch wenn die Karpfen anderes im Kopf haben ausser Fressen, vergeht die Zeit oft wie in Zeitlupe. So verbrachte ich Stunden am Ufer und beobachtete die Fische. Ich fütterte eine Spot in Ufernähe wo immer wieder eine kleine Karpfenschule vorbei patrouillierte. Diesen Spot fütterte ich mit einer kleinen Menge Boilies und Partikel an, in der Hoffnung, die Fische durch ihr Verhalten beim Fressen zu verstehen um evtl. meine gesamte Taktik zu optimieren.
Es dauerte auch nicht lange und ich sah die ersten Exemplare am Spot schwimmen. Jedoch nicht wie zu erwarten in Grundnähe sondern im Mittelwasser, ohne jeglichen Interesse zu Fressen. Schon gar nicht meine Boilies oder Partikel. So war mein erster Eindruck, die Fische finden das Futter nicht, wenn diese nicht selbst auf der Suche danach sind. Ohne die Tiere zu vermenschlichen zu wollen, denke ich ist es bei uns ähnlich. Ein geruchloses Grillhuhn am Mittagstisch übt sicherlich nicht den gleichen Reiz auf uns aus, als eines, welches vor sich hin dampft und der Grillgeruch den ganzen Raum mit seinen „Fressreizen“ ausfüllt. Ich bin mir sicher, allein dieser Gedanke hat jetzt einigen von euch Lust auf Grillhuhn gemacht und ihr könnt es fast riechen. Einfach gesagt, bei uns wirkt der Geruch als Appetitanreger. Bei Fischen ist es ähnlich, nur zählt dort eben der Geschmack in Form von löslichen Futterteilen, den Geruch in der Form wie wir ihn kennen, gibt es unter Wasser nicht.
Wunderkugeln gibt es nicht…
Nehmen wir einmal Boilies in die Hand, wirken nicht besonders attraktiv. Die gekochte Außenhülle bindet zunächst alles in sich, wenn ein Boilie im Wasser seine Reizstoffe abgibt, geschieht dies relativ langsam und der Wirkungsradius ist klein. Wie gesagt, wenn der Fisch nicht aktiv auf Futtersuche ist, wird dieser unsere „Wunderkugeln“ links liegen lassen. Ähnlich verhält es sich bei Partikeln. Die Reizstoffe welche diese abgeben sind noch geringer, oftmals sind es nur einfache Zuckerverbindungen welche dem Fisch ein fressbares Signal senden, hier macht es oft aber die Masse, welche zum Erfolg führt. Ich spreche hier nicht von Kilogramm sondern von der Stückzahl.
Das wäre für mich die Erklärung in der Theorie. In der Praxis habe ich dann einige Methoden entwickelt, welche den Fisch nachweislich zum Fressen animieren, auch wenn diese nicht in Fresslaune sind und ich habe auf diesen Weg schon einige schöne Fische zum Fressen verführt.
Zum Fressen reizen
Nach diesen Beobachtungen habe ich begonnen, mit Stickmixen, Machtfutter und Pellets kombiniert mit flüssigen Extrakten zu experimentieren. Auch auf meinem Spot in Ufernähe. Ich habe einen Robin Red Stickmix mit Bloodworm Liquid vermengt, ca 5cm große Kugeln geformt und an den Spot geworfen. Schon beim Absinken der Futterballen verteilten sich bereits Kleinstpartikel im Wasser und hinterließen eine Duftspur bis zum Gewässerboden.
Es dauerte auch nicht lange, bis die ersten Karpfen vorbei kamen. Doch nun wurde der Spot nicht überschwommen, sondern die Fische hatten die Fressreize wahrgenommen. Kreuzten immer ofters hin und her bis diese anfingen, am Gewässergrund meine Partikel und Boilies zu Fressen. Allein dadurch erkannte ich , das ich die Fische zum Fressen animieren konnte. Jedoch muss ich auch dazusagen, das sich auch nach kürzester Zeit jede Menge Weißfische am Futterplatz eingefunden haben und der Spot war leergeräumt. Doch das sehe ich nicht als Nachteil, denn wir angeln ja mit Boilies, welche zu groß und zu hart für Weißfische sind und wir noch immer selektiv auf Karpfen angeln können.
Suchen, nicht warten…
Wir müssen uns auch bewusst sein, wir können keine Fische aus weiter Entfernung an unseren Spot locken. Einer der wichtigsten Faktoren beim Angeln ist der Spot. Nur so kann ich mir sicher sein, die Session erfolgreich zu beenden. Es nutzt nichts , Unmengen an Futter im Wasser an Stellen abzuladen, wenn dort niemals Fische auf Nahrungssuche sind. Lieber öfters den Platz wechseln, anstatt die Gewässer unnötig zu belasten. Sind die Fische einmal am Futterplatz eingetroffen, reichen schon geringe Mengen an Futter. Oder wie ich es gerne beschreibe – geringe Mengen an Reizstoffen…
Bitte zu Tisch…
Im laufe Zeit habe ich auch viel mit den verschiedensten Futtermitteln experimentieren können. Als Promotor für Aquatic-Baits Produkte saß ich ja sozusagen an der Quelle und konnte auch meine Erfahrungen bei der Produktentwicklung einbringen. Diese will ich euch auch nicht vorenthalten. Wie schon vorher geschrieben, verwende ich als Träger diverse Stickmixe als auch für das Preisfischen entwickelte Lockstoffe, denn dieses Matchfutter wurde bereits auf maximale Attraktivität entwickelt und produziert. Bei den Pellets achte ich in erster Linie auf deren Öl- und Proteingehalt. Ein hoher Ölanteil wirkt sich insofern negativ aus, da diese Pellets nicht mehr in der Lage sind, das von mir beigefügt Liquid aufzusaugen und konstant wieder abzugeben. Auch ist Öl für Fische nicht wahrnehmbar, da sich dieses nicht mit Wasser verbinden kann. Ich verwende Pellets mit hohen Ölgehalt nur noch ab Gewässertiefen von 10m und mehr, um hier eine vertikale Lockwirkung durch die aufsteigenden Partikel welche sich an den Öltröpfchen festhalten zu gewährleisten.
Der Proteingehalt ist für mich insofern wichtig, da hier bei zu hohen Anteilen eine indirekte Sättigung der Fische nicht zielführend ist. Wenn diese einmal satt sind, ist es vorbei mit Fressen. Daher immer mit Pellets für die jeweilige Zielfischart angeln. Forellen- oder Lachspellets sehen zwar verführerisch aus, doch werden diese schnell liegen gelassen für die Weißfische und die Karpfen ziehen sich zurück.
Bei den Liquids vertraue ich auf Naturextrakte wie Bloodworm, welches der Fisch bereits von seiner natürlichen Nahrung her kennt. Auch sind lösliche Fischproteine wie Aminol und Salminol (wird nur vom Lachs gewonnen) sehr gute Reizverstärker, welche durch ihren geringen Ölgehalt auch bei kalten Wassertemperaturen hervorragend arbeiten. Auch Gewürzmischungen wie Liquid Robin Red oder das neue SquidRed Liquid sind bereits mit Fressreizverstärkern versehen.
Die Taktik
Da ich niemals weiß in welcher Beisslaune sich die Karpfen gerade befinden, gehe ich davon aus, das ich meinen Futterplatz so schnell wie möglich aktivieren muss. Ich bin hier eher zurückhalten mit der Futtermenge wie Boilies und Partikel. Bei Partikel noch sparsamer, da die Fische diese n
ach einiger Zeit des Fressens verschmähen könnten. Boilies füttere ich durchgehend wie beschrieben pro Rute und Spot eher großflächig mit einer Menge bis maximal 500gr. Dann mache ich mich an die Reizstoffe. Die Pellets soake ich für mindestens eine halbe Stunde in den Liquids, wie beschrieben eignen sich Pellets mit geringen Ölgehalt sehr gut dafür. Auch das Matchfutter lass ich etwas ansetzen, bis dieses das Liquid vollkommen aufgenommen hat. Dann Vermenge ich die Pellets mit den Mehlen bis die gewünschte Konsistenz erreicht wird. Gecrushte Boilies sind auch kein Fehler wenn diese hinzugefügt werden, so befinden sich die identen Attraktoren wie die meiner Hakenköder schneller im Wasser.
Wenn ich die Möglichkeit habe, füttere ich dann dieses Futter vom Boot aus. Pro Spot mindestens drei große Futterballen für den Anfang. Ist kein Boot erlaubt wird mit der Spomb gefüttert.Das hat auch den Vorteil, das der Radius des Futterplatzes vergrößert wird und sich der Fisch auf der ganzen Fläche ausbreitet, um etwas fressbares zu finden, sobald er Futter gewittert hat.
Ob der Platz nun aktiv von Fischen aufgesucht wird, ist leicht an zaghaften
Bissen von Weißfischen oder Brachsen zu erkennen. Sobald sich die Weißfische eingefunden haben, sind die Karpfen nicht weit vom Spot entfernt. Wenn ich nun einen Karpfen fange, füttere ich nach. Da ich nicht weiß wieviel Boilies bis zum Fang schon gefressen wurden, gehen ich rechnerisch von der Hälfte aus. Also füttere ich wieder die Hälfte der initialen Futtermenge nach. Wie oben beschrieben wären das 250gr Boilies und 2 Futterballen.
Wenn die Karpfen dann selbst aktiv auf Nahrungssuche sind, füttere ich nur noch Boilies nach. So halten sich die Weißfische zurück und ich bin mir sicher, das maximum an Lockwirkung erzielt zu haben. Und nachdem ich gefangen habe, kann ich meine theoretischen Ansätze auch praktisch Anwenden, mit Erfolg!
Die Alternative
Wir waren auch schon an Gewässern, wo es nicht gestattet war mit diesen Lockmitteln zu angeln. Also es waren nur Boilies erlaubt. Unter diesen Umständen lasse ich mir idente Boilies wie meine Hakenköder produzieren, jedoch ohne Binder – also ohne Ei. Dadurch verschließt sich die Oberfläche der Boilies nicht, es kann sofort Wasser eindringen und Reizstoffe werden abgegeben. Wichtig ist das völlig ausgetrocknet sind. Nur dadurch arbeiten die Boilies und geben sofort Reizstoffe ab und nehmen auch sehr gut Liquids auf. Diese „soluble baits“ arbeiten zwar nicht so effektiv wie bereits gecrushte Lockmittel, sind aber auch nicht zu unterschätzen und immer einen Versuch Wert! Lassen sich auch hervorragen mit PVA Band direkt neben dem Hakenköder präsentieren.
Natürlich bleibt hier immer nich genügend Platz zum experimentieren, auch diverse Zusätze wie Squid Extract, GLM oder Betain erhöhen die Reizwirkung immens. Nachteil eben auf alle Friedfische oder sogar Welse. Als Beifang gelegentlich ok, aber nicht unser Zielfisch. Eins noch am Schluß, nicht die Futtermenge, die Qualität ist ausschlaggebend!
Euer Thomas Ganselmayer